Value Investing Grundlagen
Der Kernangriff des klassischen Value Investing ist, Wertpapiere mit einem signifikanten Abschlag zu ihrem inneren Wert zu kaufen und sie anschließend so lange zu halten, bis sie sich an ihren inneren Wert angenähert haben. Der Aspekt ein Schnäppchen zu machen ist dabei ausschlaggebend. Anhänger des Value Investing sagen, sie kaufen 1 Dollar für 50 Cent. Diese Strategie vereint die konservative Bewertung eines Wertpapiers mit der benötigten Disziplin und Geduld wirklich nur dann zu kaufen, wenn das Wertpapier ein Schnäppchen darstellt. Value Investoren verlangen also eine sogenannte Sicherheitsmarge.
Manchmal wird ein Value Investor zahlreiche potentielle Wertpapiere beurteilen ohne auch nur ein einziges unter ihnen auszumachen, welches attraktiv genug ist. Dieses Durchhaltevermögen ist jedoch unabdingbar. Ein Value Investor zu sein bedeutet häufig abseits der Masse zu stehen, beliebte und scheinbar anerkannte Trends zu hinterfragen und sich gegen den Wind zu stellen. Dies kann ein einsamer Weg sein. So kann die erzielte Performance eines Value Investors, im Vergleich mit anderen Investoren, geradezu unterirdisch wirken, wenn sich der ganze Markt in einer Euphorie befindet und viele Titel in ungeahnte Höhen katapultiert. Und trotzdem funktioniert der Ansatz des Value Investing langfristig so gut, dass nur sehr wenige seiner Anhänger diese Anlagestrategie jemals aufgeben.
Auf den passenden Wurf warten
Warren Buffett verwendet einen Vergleich aus dem Baseball um die nötige Disziplin eines Value Investors zu veranschaulichen. Ein langfristig ausgerichteter Value Investor ist Schlagmann in einem Baseballspiel, indem es keine Strikes gibt, man also dutzende von Bällen straffrei vorbeifliegen lassen kann. Eben auch solche, bei denen manch anderer Investor zuschlagen würde. Er lässt sich nicht von dem beeinflussen was andere Investoren gerade machen, sondern nur von fundamentalen Daten und dem Wunsch ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Ein Value Investor wird daher nur dann in ein Unternehmen investieren, wenn er es wirklich versteht. Aus diesem Grund investieren viele weder in neue Tech-Werte, noch in Banken. Wenn es einem Value Investor nicht möglich ist ein Unternehmen zu bewerten, wendet er sich einfach einem anderen zu, das er besser versteht und bewerten kann.
Die meisten institutionellen Investoren, im Gegensatz zu Value Investoren, fühlen sich dazu gedrängt immer 100% in den Markt investiert zu sein. Sie verhalten sich so, als würde ein Schiedsrichter am Spielfeldrand stehen und sie dafür bestrafen, dass sie nicht 100% ihres Geldes investieren. Dies treibt sie dazu in nahezu alles zu investieren, was an ihnen vorbeifliegt. Auch wenn sie das dahinter stehende Unternehmen nicht verstehen. Sie ersetzen überlegtes Handeln durch häufiges Handeln. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Investoren einfach nicht in der Lage sind eine gute von einer nicht so guten Gelegenheit zu unterscheiden.
Für klassische Value Investoren muss ein mögliches Investment nicht nur ganz gut, sondern fast schon zu gut um wahr zu sein, sein. Dabei ist es von großem Vorteil, wenn ein Investor nicht gezwungen ist, unüberlegt zu handeln. So gibt es auch Phasen in denen ein Value Investor nicht ein einziges Mal zum Schlag ausholt und einfach alle Bälle an sich vorüberziehen lässt. Denn auch das günstigste Angebot kann überteuert sein, wenn der gesamte Markt gerade übertrieben hoch bewertet ist.
Ein Wertpapier muss also mit einem Abschlag zu seinem inneren Wert gekaut werden können. Nur dann ist es für einen klassischen Value Investor von Interesse. Interessant zu sein reicht für einen Value Investor alleine jedoch noch nicht aus. Er wird nur die Wertpapiere kaufen, die unter all den attraktiv bewerteten Papieren die größte Sicherheitsmarge aufweisen. 1 Dollar für 50 Cent kaufen zu können mag attraktiv erscheinen, doch ist die Möglichkeit den 1 Dollar für 25 Cent zu kaufen um einiges attraktiver.
Dabei sollten Investoren niemals davor zurückschrecken bestehende Investments einer erneuten Bewertung zu unterziehen, wenn sich neue Möglichkeiten am Markt aufzeigen. Und manchmal ergeben sich dutzende neuer Möglichkeiten auf einmal. In panischen Märkten steigt die Anzahl an unterbewerteten Wertpapieren meist drastisch an, da viele Investoren Hals über Kopf verkaufen und die Kurse dadurch in den Keller getrieben werden.
In solchen Zeiten schlägt die Stunde des Value Investors. Er kennt fundamental gut aufgestellte Unternehmen, die eine solche Panik fast unbeschadet überstehen werden. Gleichzeitig behält er einen kühlen Kopf und lässt sich von der allgemeinen Panik nicht anstecken, sondern nutzt die Gelegenheit um gute Unternehmen zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben.
Die Bedeutung der Sicherheitsmarge
Benjamin Graham, der Urvater des Value Investing, verstand, dass ein Unternehmen, welches 1 Dollar wert ist, vom wankelmütigen Markt morgen schon mit 1,25 Dollar oder auch nur mit 0,75 Dollar bewertet sein könnte. Deshalb hatte Graham kein Interesse daran 1 Dollar für 1 Dollar zu kaufen. Denn so würde er möglicherweise Verluste in Kauf nehmen müssen. Er war nur daran interessiert Wertpapiere zu einem erheblichen Abschlag auf ihren inneren Wert zu kaufen. Indem er mit Rabatt investierte, minimierte er die Wahrscheinlichkeit einen Verlust zu erleiden. Dieser Rabatt erzeugt eine Sicherheitsmarge.
Buffett beschreibt die Sicherheitsmarge mit einem Gleichnis. „Wenn man eine Brücke baut, besteht man darauf, dass sie einen Laster von 100t aushält, auch wenn sie maximal von 40t schweren Fahrzeugen befahren werden darf. Und genau das gleiche Prinzip besteht beim Investieren.“
Die meisten Investoren verzichten jedoch auf eine solche Sicherheitsmarge. Investoren, die in Wertpapiere nur ein Spekulationsobjekt sehen und keinen Anteil an einem Unternehmen und nur von der Gier nach Erfolg getrieben sind, scheitern am Investieren mit Sicherheitsmarge.
Wie können Value Investoren nun sicherstellen, dass sie über eine Sicherheitsmarge verfügen? Indem sie ein Wertpapier immer nur mit einem Abschlag zum inneren Wert kaufen. Indem sie auch alte Investments immer wieder hinterfragen. Indem sie Wertpapiere dann verkaufen, wenn sie Ihren inneren Wert erreicht haben und indem sie darauf verzichten zu investieren, wenn sie keine passende Möglichkeit finden können.
Fazit
Value Investing ist einfach zu verstehen, jedoch schwer anzuwenden. Value Investoren sind keine analytischen Superhirne, die unschlagbare Formeln anwenden um die besten Investments ausfindig zu machen. Dier schwerste Teil ist die Disziplin, die Geduld und das eigene Urteilsvermögen. Geduld um auf die eine, besondere Chance zu warten und Urteilsvermögen um zu wissen, wann sie zuschlagen müssen.
„Ich werde Ihnen erklären, wie Sie reich werden. Schließen sie die Türen. Seien Sie ängstlich, wenn andere gierig sind. Und seien Sie gierig, wenn andere ängstlich sind.“
– Warren Buffett –